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Tagebuch einer Friedensfahrradtour von Penelope Glenn und Michael Stiels-Glenn


Sonntag, 5. August 2018

1. Tag Start in Dülmen - bis Enschede 80km

In sengender Hitze und mit mehreren Verfransern auf Pädkes um Coesfeld herum - wir fluchen über schlechte Radwege und fehlende Wegweiser, es wird Zeit, dass sich jemand um die Einführung des niederländischen Knoopunt-systems im Kreis kümmert. Nach der Ankunft wartet Jan Schaake schon auf uns. Für die herrliche Synagoge war die Zeit zu knapp, die Besichtigung holen wir beim nächsten Besuch nach. Aber Jan führt uns zu verschiedenen Gedenkorten in Enschede - eine gute Einstimmung auf die morgige Aktion zum Hiroshima-Tag. Jetzt sind wir erst mal müde.

Montag, 6. August 2018

2. Tag in Enschede: Gedenken an die Atombombenopfer in Hiroshima

Spezielles'Die-In' für die Opfer von Hiroshima 6. August 2018 Vor genau 73 Jahren wurde die japanische Stadt Hiroshima von der Atombombe Little Boy getroffen, die vom amerikanischen Bomber Enola Gay stammt. Heute gedachte die Organisation Enschede for Peace den Opfern mit einem echten "Einbruch" auf dem Alten Markt.

Als um 12 Uhr die Sirenen heulten, fielen auf dem Oude Markt Menschen plötzlich zu Boden. Gevatter Tod, dort der Mann mit der Sense genannt, machte reiche Beute. 6 Friedensfreunde Dülmen unterstützten das Die-In, das die örtlichen Medien breit beachteten.

Bewusstsein

"Der Nutzen unseres Handelns besteht darin, den Menschen zu zeigen, was für Schrecken Atomwaffen eigentlich sind", sagt Schaake. "Wir scheinen das ein wenig vergessen zu haben. Man spricht sogar von einer Modernisierung des Atomwaffenarsenals. Während des Kalten Krieges war sich jeder der Bedrohung bewusst. Wir versuchen nun, dies wieder in den Vordergrund zu rücken.

Fahrt von Enschede nach Isselburg 75 km

Die Hitze war nicht gerade ein Ansporn, nach der Friedensaktion um 12 Uhr mittags loszufahren. Aber wenn wir Donnerstag Mittag in Kerkrade sein wollen, bleibt uns wenig anderes übrig.

Bis zum Achterhoek begleitet Jan uns, weil er eine Abhörstation finden will. Jan dazu: "Es ist ein Abhörsystem zum Abfangen von "hochfrequentem" Funkverkehr aus dem Äther. Die Funkfrequenz wird nicht nur von Funkamateuren und Radiopiraten, sondern auch von Armeeeinheiten und mutmaßlichen Terroristen genutzt. Sie ist die einzige Abhörstation dieser Art im NATO-Bündnis und hat die Russen und in den letzten Jahren die Taliban während des Kalten Krieges angezapft. Der Antennenpark spielt somit eine wichtige Rolle im internationalen Informationsaustausch zwischen (westlichen) Geheimdiensten: "Ich gebe Ihnen Informationen und bekomme dafür Informationen".

Dann sind wir in der brütenden Hitze allein, aber auf wunderschönen kleinen Radwegen, manchmal sehr sandig wegen der langen Trockenheit.

An Winterswijk und Aalten vorbei wieder nach Isselburg in Deutschland.

Jetzt erst mal trinken, trinken, trinken. Die Wirtin jagte uns einen Schrecken ein, als sie sagte, die Rheinfähre Grieth sei nur am Wochenende in Betrieb. Aber das Internet hilft: In den Ferien verkehrt sie dienstags bis Sonntags. Gut, dass wir nicht schon heute rüber wollten.

Heute späte Rast in Bredevoort, der Bücherstadt, Statuette der jungen Frau, die Muse von Rembrandt war.

Dienstag, 7. August 2018

3. Tag von Dinxperlo nach Grieth 48 km, Etappenziel ist Roermond

Heute hatten wir einen Erholtag, nur 48 km von Dinxperlo bei Bocholt zur Rheinfähre nach Grieth (nur für Radfahrer und Fußgänger, 2 € pro Person), dann über Kalkar und Goch wieder in die Niederlande nach Siebengewald. Wegen des heißen Tages waren wir früh auf der Straße und sind langsam gefahren. Hier bleiben wir in einem schönen alten Hof mit Hühnern - und einem Planschbecken, das wir gern nutzen. Morgen wird es wieder eine lange Etappe über den Soldatenfriedhof Ysselstein mit 21.000 deutschen Gefallenen. Wir werden die 4 Dülmener suchen., die dort begraben sind. Dann geht es weiter zum Etappenziel Roermond - wenn wir uns nicht verfahren, sind es 80 km.

Mittwoch, 8. August 2018

4. Tag von Siebengewald über Ysselstein nach Roermond 82 km

Gut, dass wir gestern einen ruhigen Reisetag hatten und uns etwas erholt haben. In der Nacht wütete ein Gewitter über dem Westen der Niederlande und am Morgen ist es deutlich kühler, windig, angenehm für die weite Tour.

Im (empfehlenswerten) B&B de Gasthoeve fanden wir ein Heft des örtlichen Heimatvereins über Krieg und Evakuierung in Siebengewald. Wenn man liest, wie die Deutschen über Nacht am 10. Mai 1940 das ahnungslose Land überfallen haben, wird einen übel.

Ins Tal der Maas, mit der Fähre übersetzen und 15 km weiter wartet auf uns der Zentrale deutsche Soldatenfriedhof der Niederlande. Der Weg ist wenig ausgeschildert und wieder einmal fahren wir fast einmal um den Friedhof herum, ohne einen Eingang oder eine Wegweiser zu finden.

Im Gepäck haben wir eine Liste mit 4 Namen von Dülmener Soldaten, die in den Niederlanden "für Führer, Volk und Vaterland" einen sinnlosen Tod gestorben sind und hier ihre letzte Ruhestätte fanden.

Diese Liste gab uns der Dechant von St. Viktor, Markus Trautmann mit. Und wir fanden über die Grabbücher im Auskunftsbüro der Gedenkstätte die Grabnummern, um die Gräber zu fotografieren.

Was für ein Ort: 31.585 deutsche Soldaten liegen hier begraben, unterschiedslos der General neben dem einfachen Schützen, für jeden ein einfaches Kreuz aus Beton mit Namen, Geburtsdatum und Todestag, Dienstgrad und Grabnummer.

Endlos reihen sich die Gräber, wir sind bedrückt. Der Kummer wächst, wenn wir sehen, wie jung die Soldaten sind, auch die aus Dülmen.

Wer diese Grabstätte sieht, der MUSS sich fragen: und wofür?

Wir fahren weiter durch die Vennlandschaft Richtung Roermond, immer nach dem nächsten grünen Schild mit einer Nummer (Knoopunten) Ausschau haltend, mit dem man den Weg gut findet. Die 80 km waren gut erträglich, weil es nicht so heiß war.

Wir machen einen abendlichen Stadtbummel durch die schöne Stadt Roermond.

Donnerstag, 9. August 2018

5. Tag Roermond - Heerlen 79 km

Wir sind heute früh in Roermond losgefahren, haben gleich viermal die deutsch-niederländische Grenze überquert, dicke Wolken am Himmel, und es erwischte uns das erste Gewitter. Völlig naß telefonierten wir mit John Roland von OnsKerkrade, dass wir wohl nicht früher ankommen als die dfg-vk-Gruppe. John bot spontan an, dass wir uns alle in seiner Werkstatt trocknen könnten.

Der Himmel klärte auf, aber wir verfuhren uns ein paarmal, bis Penelope die Idee hatte, es mit dem Navi auf dem Handy zu versuchen. Und wir waren zehn Minuten später am US-Depot in Eygelshofen, fünf Minuten nach halb eins.

Aber: wir waren die ersten, dann kam John, dann zwei Reporter, ein früherer Mitarbeiter in den Depots, der wie viele andere davon schwer erkrankt war. Dann kam Andrej Hunk, MdB der LINKEN für Aachen und zwei Ratsmitglieder aus Baesweiler und Herzogenrath.

Dann trudelten die Begleitfahrzeuge ein und John warf sich aufs Fahrrad, um die DFG-VK Friedensradler abzuholen, die sich verfahren hatten.

Kurz darauf standen 40 Leute vor dem Depot, mit einer entspannten Ortspolizei.

John redete, dann der Mitarbeiter Henk. Hunko sprach, Joachim Schramm von der dfg-vk, dann ich.

Obwohl wir gar keine Blockade angemeldet hatten, war die Zufahrt 30 Minuten lang dicht. Viele Einheimische kriegten die Aktion mit, eine Radfahrerin aus der. Nachbargemeinde war so begeistert, dass sie spontan 50.- € spendete.

Dann schlug John Roland vor, den Mittagsimbiss in seiner Werkstatt einzunehmen und führte die Karawane an. Eine gute Entscheidung, denn es regnete erneut heftig, während wir geschützt aßen und tranken.

Andrej Hunko und die lokalen Abgeordneten kamen mit John ins Gespräch, der beim Abschied gut gelaunt erklärte, er hätte sich nicht vorgestellt, dass so viele Leute hunderte Kilometer für den Frieden radeln.

Dann fuhren wir zum Campingplatz, bzw. wir ins Hotel. Als wir zu den anderen zurück wollten, erwischte uns ein neuer Starkregen und machte uns derart nass, dass wir ins Hotel zurückfuhren.

Ein ereignisreicher Tag, und wir sind glücklich und stolz, dass sich über ein Jahr mailen und Kontakte knüpfen endlich gelohnt haben- es entstehen örtlich Kontakte untereinander.

Freitag, 10. August 2018

Meine Güte, morgen geht es schon wieder Richtung Heimat, aber vorbei am zentralen Soldatenfriedhof in Lommel, auf dem 38.000 deutsche Soldaten begraben sind, darunter auch 4Dülmener. Heute 78 km durch das hügelige Limburg, was den Radlern ohne elektrische Unterstützung einiges abverlangt hat Dann 30 Friedensradler auf eine Fähre über die Maas und wir sind in Belgien. Die Radwege schlechter, die Autofahrer rücksichtsloser. nach einigem Suchen mit Hilfe der Polizei dann Kundgebung vor der Fliegerbasis Kleine Brogel, wo 20 Atombomben der USA lagern, so wie im deutschen Büchel. Und belgische Piloten trainieren den Abwurf der Bomben und werden so zu Mittätern.

Flughafen Kleine Brogel, Kilometer NATO-Draht, Kameras, dahinter Munitionsbunker, für die Atombomben? Hinten dran ein Museum für Kampfjets. Kein angenehmer Ort.

Für eine halbe Stunde war das Depot dicht, weil wir davor unter den Augen von drei belgischen Polizisten eine Kundgebung machten. Die Dülmener mit Aktions-Shirts und Michael als Gevatter Tod dazwischen. Eine Fähre voller Friedensfreunde

Samstag, 11. August 2018

Lommel, 39.000 junge Männer, 4 aus Dülmen, jeweils zwei teilen sich ein kleines Kreuz aus Waschbeton. Viele Namen und viele Namenlose. Wer hier kein Pazifist wird, dem ist nicht zu helfen.

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Kommentare: 4
  • #1

    Wolfgang M. Müller (Dienstag, 07 August 2018 17:53)

    Super, ich bin beeindruckt!

  • #2

    Detlev Rathke (Mittwoch, 08 August 2018 18:00)

    Stramme Leistung!

  • #3

    Thomas Reinert (Donnerstag, 09 August 2018 05:43)

    Es ist toll, was ihr zusammen hinbekommt. Immer dabei glücklich und froh, gemeinsam handelnd. Weiterhin viel Erfolg! Und natürlich Spaß, denn ohne Spaß geht gar nichts.

  • #4

    John Roland (Sonntag, 12 August 2018 12:50)

    Es war Mir eine Freude mit zu machen